Fünfter Tag, Freitag, 09.06.17 – Epernay
Heute musste es erst einmal wieder regnen, wenn auch nur leicht. Wir begannen mit einer kleinen Stadtrundfahrt.
Die Stadt hat aber mehr zu bieten, als wir auf der Minirunde an Zeit spendieren wollen. Nach einer kurzen Anfahrt
auf der Straße stießen wir wieder auf die Kanalstrecke. Von hier ab ging es bis zur Pausenstation in Vitry-le-François
ununterbrochen am Kanal entlang, aber wie! Die 47 km Strecke waren teils katastrophal, was die Oberflächenbeschaffenheit
anbetrifft. Geländetechnisch könnte man zügig fahren. Es ist flach, der Kanal zieht lange Kurven zwischen ausgedehnten
Geraden. Wir schafften aber auf den 37 km nur einen Schnitt von 17,0 km/h. Wenn ich mich richtig erinnere, ist kein
einziger Meter dieser Teiletappe asphaltiert. Das Beste war noch ein guter Feldweg. Das Schlimmste war „ehemaliger
Asphalt“, eine Oberfläche, die wie ein stark erodierter Asphalt aussieht, der aus mehr Nichts, sprich Löchern, als aus
Asphalt besteht (Bild rechts oben). Das Fahrgefühl erinnert an eine Wellblechpiste. Das Eigenartige ist, dass die Oberfläche alle paar
Kilometer wechselt. Es fällt auf, dass manchmal zwischen zwei Schleusen ein anderer Belag existiert. Wir fragen uns,
wieso Abschnitte mittendrin mal irgendwann in der Vorzeit asphaltiert worden sein könnten, aber nie mehr gepflegt wurden.
Das Foto zeigt einen solchen Streckenabschnitt bei Kanalkilometer 26,8 ab Bar-le-Duc in Höhe Pargny-sur-Saulx.
Übrigens sahen wir auf diesem Abschnitt gelegentlich Transportschiffe. Und als bei Brusson eine Straße den Kanal kreuzt,
die in unsere Richtung führte, bogen wir auf selbige ab und rollen entspannter die letzten 9,4 km bis in die Stadt.
Vitry-le-François glänzt mit einem großen unaufgeregten Stadtplatz. Bei bedecktem Himmel konnten wir aber draußen
sitzen und wir genossen die Entspannung.
Der Rhein-Marne-Kanal endet in Vitry-le-François. Hier hatten wir die Marne erreicht. Kanalstrecke geht aber weiter,
weil die Marne hier nicht durchgängig schiffbar ist, und heißt ab hier Marne-Seitenkanal. Die Strecke ist nun wieder
sehr passabel, wenn auch mit wiederum wechselnden Oberflächen, und durchgehend am Kanal entlang; dieser schiebt sich
ohne merkliche Biegungen durch das Marne-Tal, die hier durch ihre Auen mäandert. Das Bild zeigt einen der
schlechteren, aber durchaus erträglich zu befahrenden Abschnitte. 10 km vor Châlons-en-Champagne ist dann ein
nagelneuer „Champagner-Asphalt“ aufgelegt; dieser Abschnitt geht schnurgerade bis in die Stadt und setzt sich auch
danach ein Stückweit fort. Wir bogen aber kurz in die Stadt ab, um auch dort den Hauptplatz anzuschauen – und ein
Bierchen zu trinken.
Nach 37 km, davon 30 km teils schnurgerade am Kanal entlang auf wechselnder Streckenqualität, aber immer ordentlich
befahrbar (Bild rechts unten), erreichten wir in Epernay, der Champagnerhauptstadt, unser Hotel in einer stilvollen ehemaligen Kaserne,
die zum „Businesspark“ umgebaut wurde.
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Etappe Tag 5:
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Sechter Tag, Samstag, 10.06.17– La Ferté-sous-Jouarre
In der Früh, bei bestem Wetter, fuhren wir zunächst noch die Avenue de Champagne in Epernay ab, an der
die Paläste der „Mega“-Champagner-Kellereien liegen. Dann geht es wieder zum Kanal, der aber nach 2 km
endet und in die Marne übergeht. Überhaupt kommt es ab jetzt vor, dass der Kanal gelegentlich in der Marne
verschwindet und später wieder ausmündet. Teils werden, nehmen wir an, weniger schiffbare Passagen und teils
auch Mäander des Flusses abgegrenzt. In Folge geht der Radweg nicht immer direkt am Wasser entlang. Der Weg
ist aber durchweg gut zu finden und auch gut zu fahren, hat aber streckenweise mehr den Charakter eines mehr
oder weniger breiten Waldweges.
In Reuil bei Kanalkilometer 14 ab Epernay war ein Radweghinweisschild (ja, gab es hier mal ausnahmsweise)
„Dormans“ überklebt und wir befürchteten schon die Sperrung der Strecke. Kurz dahinter verlor der Asphalt
plötzlich seine gute Oberfläche und ging für ein paar Kilometer in relativ groben Rollsplit über, der nicht
so rollend war, wie sich das anhört, eher im Gegenteil. Und dann sahen wir den Grund hinter einer Kurve: Ein
Absperrband über dem Weg und ein paar Baumaschinen. Dahinter kam wieder neuester Asphalt. Die Streckenbauer waren
wohl gerade am Bauen der Strecke. Das war also der Grund für die oben genannte Beschilderung; der Weg war aber
durchgehend befahrbar. Zumindest bis Dormans, wo wir eine Café-Pause machten und dann auch mangels Radweg am Fluss
bzw. Kanal ein Stück von gut 8 km Straße fahren mussten. Das brachte uns kurz hinter
Passy-sur-Marne ein Stückweit
in die Weinberge oberhalb des Flusstals mit einer netten Aussicht. Gegenüber des schattigen Parkplatzes steht
eine der zahllosen Champagner-Kellereien, die das ganze Tal säumen. Die Gegend erinnert sehr an einige Passagen
des Mains mit den Weinbergen. Inzwischen hatte es ganz ordentliche Temperaturen erreicht. Es war herrliches
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Sommerwetter. Und bei Mont-Saint-Père gegenüber einer Insel im Fluss zog es mich ins Wasser. Es gibt dort einen
guten Einstieg und ich kühlte mich ordentlich ab. Wobei das Wasser gar nicht mal so kalt war, kaum viel weniger
als in einem temperierten Freibad – wenn überhaupt.
8 km weiter, in Château-Thierry, machten wir eine sehr ausgedehnte Schlemmerpause, die uns das Abendessen ersparte.
Danach ging es zügig weiter, wobei nicht jeder Kilometer am Fluss entlangführte. Einen Kanal gibt es hier nicht
mehr. Die Straßenabschnitte, die wir fuhren, nutzten wir schon zum Teil deshalb, weil wir uns nicht die Zeit
nehmen wollten, flussnahe Streckenabschnitte zu erkunden, die möglichweise hinter der übernächsten Kurve ins
Nichts führten. Insofern mag es die eine oder andere befahrbare Passage mehr am Fluss geben. Aber der Fluss
kurvt hier auch um manchen Weinberg, wo man mal ein paar hundert Meter abkürzen kann oder gar muss, zum Beispiel
bei Luzancy, 5 km vor unserem Etappenort La Ferté-sous-Jouarre. Kurz vor
Crouttes-sur-Marne nutzten wir nochmals
die Gelegenheit zum Abkühlen im Fluss. Allerdings war die Einstiegstelle (Bild) nicht so ideal wie vorher. Da streckenweise
das Ufer ziemlich dicht bewachsen und teils auch relativ steil und hoch ist, findet man eigentlich nur wenige
passende Stellen zum Schwimmen. Man sollte sich bietende Gelegenheiten frühzeitig nutzen und nicht hoffen, dass
es besser wird.
In La Ferté-sous-Jouarre gingen wir noch auf ein Bier in die Stadt mit sehenswertem Rathausplatz. Leider konnten
wir am Markt nicht von den regionalen Köstlichkeiten einkaufen, weil wir das nicht schleppen wollten.
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Etappe Tag 6:
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Siebter Tag, Sonntag, 11.06.17 – Paris
Der Plan war ja, Paris am letzten Tag über den Canal de l’Ourcq zu erreichen. Der Kanal trifft an der
Mündung des Ourcq in Lizy-sur-Ourcq auf eine Marne-Schleife etwa 7 km Luftlinie nördlich unserer Strecke.
Leider ist aber in Lizy über das Internet keine Unterkunft auszumachen. Deshalb haben wir am vorvorigen
Abend entschieden, in La Ferté-sous-Jouarre zu übernachten, das 19 Fahrkilometer ostwärts von Meaux liegt
und in Meaux den Einstieg in den Canal de l’Ourcq zu nehmen. So haben wir die Marne-Schleife zwischen
La Ferté-sous-Jouarre und Meaux über Lizy ausgespart.
Heute in der Früh stand also als erstes Stück die Fahrt nach Meaux an. Wie gesagt: Marne-Schleife abkürzen,
was – wie (fast) immer – „über den Berg“ heißt, und auch noch „über die Hauptstraße“. Diese können wir
die ersten 9 km noch über den Radweg bzw. eine Nebenstraße durch das Marne-Tal vermeiden. Aber dann geht
es gnadenlos auf die, zum Glück am Sonntagmorgen nicht ganz so stark befahrene, N3 und gute 60 Höhenmeter
hinauf.
In Meaux haben wir an der Place Saint Pierre unter der Kathedrale eine Cappuccino-Pause gemacht. Und
hinter dem Bahnhof fanden wir den Einstieg auf den sehr guten Radweg am Canal de l’Ourcq entlang.
Einzig das kurze Stück der Schleife um den Flugplatz von Meaux herum kürzen wir über den Berg ab.
Aber von Trilbardou aus geht es bis fast ins Herz von Paris nun am Kanal entlang auf einer sehr gut
ausgebauten, wenn auch nicht durchgehend asphaltierten Strecke. Auf den ersten 15 km der
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Strecke gab es auch mal wieder Abweichungen der tatsächlichen Strecke von der in BaseCamp für den
Garmin geplanten Route, wo augenscheinlich die Karte unqualifiziert ist. Im Bild türkis gepunktet
der reale Track und grün die OSM-Kartenroute. Wie bereits bei Tag 3 (Abschnitt an der Mosel zwischen
Nancy und Toul) beschrieben, ist die Wirklichkeit manchmal besser als die Karten. Deshalb auch hier
nochmals der Tipp für alle Nachahmer: Versuche nicht, auf Teufel komm raus eine super genaue Route
am PC zu planen. Du wirst wegen der Kartenfehler im Zweifel vergebene Liebesmühe und damit vermeidbare
Zeit spendieren, die du zum Beispiel besser mit der vorsorglichen Suche nach potenziellen Verpflegungs-
und Übernachtungsmöglichkeiten verbringen kannst, um mit den Tageszielen flexibler zu werden.
Nach etwa Zweidrittel der Strecke wollten wir eine kleine Pause machen und landeten am Marktplatz von
Villeparisis. Eine stark von arabischen Ausländern geprägte Vorstadt. Im einfachen Café Le Marche war
aber draußen kein Tisch mehr frei. Der Wirt sah uns und schickte seine Töchter heraus, um einen zusätzlichen
Tisch und zwei Stühle aufzustellen. Das nenne ich mal aufmerksam! Und sie bedienten uns sehr flott und
sehr freundlich. Und das frisch belegte Baguette war eines der besten, das ich seit langem gegessen hatte.
Solche Erlebnisse bleiben gerne in Erinnerung.
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Der Wiedereinstieg in die Strecke am Kanal entlang ist hier nicht so einfach, weil der Treidelweg ab hier
für knapp 5 km nicht befahrbar ist (wenn ich mich recht erinnere, ist er hier nur für Fußgänger
freigegeben). Der Radweg geht parallel zum Kanal durch den Wald etwas wellig auf und ab, er ist aber
gut befahrbar (ich meine mich zu erinnern, er wäre sogar asphaltiert, aber ohne Gewähr). 2,5 km weiter
hinter der nächsten Straßenbrücke muss man nochmals aufpassen, den korrekten Weg zu finden.
Die Kanalstrecke insgesamt ist sehr interessant zu fahren. Aber es nahm auch langsam der Fahrradverkehr
zu, wobei jedoch darauf hingewiesen sei, dass es Sonntag bei herrlichem Wetter war,; auch Familien mit
Kindern waren unterwegs. Aber bis zur Stadtgrenze von Paris unter dem Boulevard périphérique an der
Porte de la Villette bei unserem Kanalstreckenkilometer 45 wurde der Verkehr nie dicht. Ab hier tummelten
sich aber wirklich die Menschen auf der Promenade, die am Parc La Villette auch Freizeitfläche wird. Ab
hier ing für die letzten knapp 4 km nur noch ein Schnitt von 11 km/h. Und am Ende des
Bassin de La Villette
und über die Place Stalingrad ist Schieben angesagt. Aber ich genoss das Gewusele der Großstadt, besonders
am Sonntag, wo sich viel Leben im Freien tummelt.
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Etappe Tag 7:
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Nach 649,6 km erreichten wir um kurz vor halb vier Uhr unser Hotel, checkten ein und luden das Gepäck
ab. Und dann ging es auf Stadtrundfahrt, die uns auf 22 km mitten durch den Verkehr der Megacity trieb.
Wir fuhren über die mehrspurigen Boulevards und genossen dort vor allem die für Fahrradfahrer, Busse und
Taxis reservierten Fahrspuren. Ich komme mir eigentlich nie gefährdet vor. Dabei hatten uns viele vor dem
„irren“ Verkehr in Paris gewarnt, den ich selber aus eigener Erfahrung mit dem Auto gut kenne. Die
Place de la République ist inzwischen vom kreiselnden Autoverkehr befreit und teils Fußgängerbereich.
Wir fahren am linken Seine-Ufer entlang, Notre Dame, Regierungsviertel, Invalidendom zum Eiffelturm.
Jetzt wurde es Zeit, ein Selfie nach Hause zu schicken, um das Erreichen unseres Ziels zu dokumentieren.
Weiter über den Pont d’Iéna durch die Rue de Magdebourg zur Avenue Kléber, wo wir bei einem Chinesen
unser Abendessen einnahmen. Und dann ging’s zum absoluten Fahrradhighlight Arc de Triomphe aka
Place de l’Étoile aka Place Charles-de-Gaulle. Den Platz mussten wir natürlich einmal umrunden,
bevor wir auf die Avenue des Champs-Élysées einbogen. Mein Tourkollege fuhr voraus und wegen einer
gerade existierenden Verkehrslücke – es ist immer noch Sonntag – schnurstracks auf die Mitte des
Platzes und hielt am Bordstein an. Wir hatten natürlich einen tollen Blick. Aber wie jetzt zurück
über den 60 Meter breiten Platz mit seinem kreiselnden Autoverkehr? Der Plan war eigentlich gewesen,
den Platz ganz außen zu umrunden. Da stehen wir nun. Ich legte also los und fuhr einigermaßen zügig
einen immer größer werdenden Radius nehmend durch den kreisenden Autoverkehr. So ganz locker nahm ich
das nicht; aber ich war aufmerksam in alle Richtungen und es ging besser, als ich erwartet hatte. Nachdem
ich so etwa Zweidrittel der Runde hinter mich gebracht hatte, tat sich wieder eine Verkehrslücke auf. Ich
hielt den rechten Arm sehr deutlich heraus und zog so ungestört an die Ausfahrt zur Avenue des
Champs-Élysées. Dort hielt ich an, um zu sehen, wo mein Kollege war. Und der stand immer noch am
selben Fleck. Zwischen uns waren es 60 m Pflastersteine und „ein paar“ kreisende Autos und Busse.
Da ich ja inzwischen schon „Routine“ habe, überlegte ich kurz, ihn abzuholen – das hätte ich dann
doch schon gerne noch einmal riskiert. Es machte ja schließlich auch Spaß, auch wenn da schon ein
höheres Risiko war, dass irgendein Autofahrer gerade mal nicht aufpasst. Sooo viele Radler kreisen
nicht am Platz. Und Rücksichtnahme, wie ich sie in Rom erlebt habe, erwartete ich hier in Paris eher
nicht so. Aber da fuhr er auch schon los. Schade denke ich. Und er kommt nach seiner Runde unbeschadet
bei mir an. Unterm Strich empfehle ich die Nachahmung aber höchsten den ganz hart Gesottenen, weil man
in den Autofahrern eben „nicht drin steckt“, von denen mancher vielleicht genauso Bammel hat, wie du als
Radfahrer, weil er den Kreisel auch nicht gewohnt ist – die sind das höchste Risiko.
Die Abfahrt auf der Avenue des Champs-Élysées ist das eigentliche Fahrradfahrerhighlight; alle Tour de
France-Kenner wissen das. So rollten wir natürlich zügig mit dem Verkehr die Straße hinunter. An der
Place de la Concorde schoben wir lieber hinüber in und durch den Tulerien-Garten, weil die Rue Rivoli
Einbahnstraße ist. Über die Place Vendôme und die Rue Laffitte, durch die man mit imposantem Blick auf
den Berg der Sacré-Cœur zufährt, fuhren wir zurück zum Hotel.
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Achter Tag, Montag, 12.06.17 Paris – Versailles
Nun war die Tour noch nicht ganz zu Ende. Am Montag sollten wir noch ein paar Kilometer in der Stadt
bekommen, die bei Berufsverkehr auch ganz aufregend waren. Aber nicht schlimmer als zuvor am Sonntag.
Auffällig waren auch in anderen Straßen als den großen Boulevards die separaten Fahrstreifen für Busse,
Fahrräder und Taxis. Straßen wurden einfach zu Einbahnstraßen gemacht und eine Hälfte als Sonderspur
abgetrennt. Und so bekommt man dann auch eine Megacity fahrradfreundlich, zum Beispiel die
Rue Beaubourg entlang Centre Pompidou.
Ziel war, meinen Kollegen noch nach Versailles zu begleiten, der weiter in die Normandie
fahren wollte. Ich musste aus Zeitgründen am nächsten Tag mit der Bahn zurück. Und dann
passierte es auf der Rückfahrt von Versailles in einem Vorort. In einer zu dem Zeitpunkt
unbelebten und übersichtlichen Wohnstraße parkten rechts Autos. Und plötzlich sprang völlig
unvermittelt ein drei- bis vierjähriges Kind zwischen den Autos direkt vor mein Rad. Ich hatte
keine Chance zu bremsen oder auszuweichen und landete innerhalb von 40 Minuten mit einigermaßen
schweren Verletzungen im Krankenhaus. Das war dann das Ende der Radtour. Inzwischen geht es mir
wieder so gut, dass ich diesen ausführlichen Reisebereicht nachrecherchieren und schreiben kann.
Tourenfazit
Es war eine sehr interessante Tour, die ich jederzeit empfehlen kann. Nachahmer mögen ihre eigenen
Varianten finden. Man kann zum Beispiel in Straßburg direkt am Rheinhafen starten, um den vollständigen
Rhein-Marne-Kanal abzufahren, oder auch noch den kompletten Canal de l'Ourcq von Lizy-sur-Ourcq oder
gar von seinem östlichsten Endpunkt bei Silly-la-Poterie abfahren. Langweilig wird es eigentlich nie,
auch immer am Kanal entlang nicht. Im Bericht wurde schon erwähnt, dass wir praktisch keine Zeit für
Besichtigungen eingeplant hatten. Wer mag, kann das aber tun. In vielen Orten gibt es einiges zu sehen,
wozu man erste Hinweise zum Beispiel in den jeweiligen Wikipedia-Artikeln finden kann. Jeder erfahrene
Tourenradler weiß aber auch, dass sich die Tagesetappenlänge dabei schnell mal halbieren kann. Das
muss entsprechend eingeplant werden.
Interessant sind bestimmt auch Nachforschungen, inwieweit von uns ausgesparte Abschnitte eventuell
tatsächlich befahrbar sind. Dazu bräuchte man aber mehr Zeit und vor allem Flexibilität, was die
Tagesetappen anbetrifft; der eine oder andere vergebliche Kilometer, wo man wieder zurückfahren muss,
kann da gut zusammenkommen. Insbesondere dafür könnte eine weitergehende Erforschung von
Übernachtungsmöglichkeiten entlang der Strecke hilfreich sein, wenn man vor allem auch Abstecher
weg von der geplanten Route einkalkuliert (zum Beispiel 8 km nach Lunéville), und sich eine ausführliche
Liste von Unterkünften mitnimmt, die man vorher zusammengestellt hat. Ob man in den etwas größeren Städten
wie Saverne, Bar-le-Duc oder Vitry-le-François ohne Vorausbuchung ein Zimmer hätte bekommen können, können
wir nicht beurteilen. Dass die Gegend touristenüberlaufen ist, kann man nicht sagen, außer der Route du Champagne
im Marne-Tal vielleicht, insbesondere Epernay. Aber es gibt halt auch nicht viele Hotels in den Städten, die
ja kaum gut zehn- oder vielleicht zwanzigtausend Einwohner haben. Und auf Booking.com und HRS kann man sich
nicht ausschließlich verlassen, wie oben beschrieben.
Die unterschiedliche Streckenqualität habe ich oben einigermaßen ausführlich erläutert. An manchen Stellen
ist das keine Spazierfahrt. Das betrifft insbesondere die Passagen, wo der Feldweg wirklich Feldweg ist: Zwei
ausgefahrene Spuren von Traktoren und dazwischen ein Grasbuckel. Das muss man mögen und fahren können. Insbesondere
bei Regen kann das schwierig werden, wozu man dann auch gegebenenfalls mehr Zeit einplanen müsste. Aber auch für
solche Streckenabschnitte ist kein Mountainbike nötig. Ein gut gefedertes Trekkingrad reicht völlig aus – auch für
die nahezu offroad Passage am Tunnel de Mauvages (wenn es trocken ist! Bei Matsch geht hier nicht einmal ein MTB zu
fahren).
An dieser Stelle sei nochmals auf die nicht ausreichende Granularität der Karten hinsichtlich der Oberflächenbeschaffenheit
der Fahrwege hingewiesen (anknüpfend an die Beschreibung in Tag 1 ‚Weg nach Brumath‘). Aktuelle elektronische
Karten
unterscheiden zwar zum Beispiel wasserfesten Belag, wassergebundene Decke, befestigter oder unbefestigter Weg usw. Die
(sagen wir mal) „Leichtgängigkeit des Fahrens“ wird aber nicht kategorisiert. So kann ein schlechter Asphalt deutlich
schlecht zu fahren sein, als woanders ein unbefestigter Weg. Des Weiteren ändert sich die Beschaffenheit mit der Zeit.
Und der Pflegestand der Karten ist naturgemäß nicht verlässlich. Jeder, der Radtouren plant und durchführt, weiß das.
Es sei an dieser Stelle aber nochmals erwähnt. Es wird noch Jahr(zehnt)e dauern, bis dieses Thema für uns Radtourer
optimal gelöst ist.
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Die nahezu völlig fehlende Beschilderung (Stand Sommer 2017) habe ich bereits vermerkt. Das mag sich im Laufe der Zeit
ändern. In dem Zusammenhang ergeht auch nochmals der Hinweis, nicht zu versuchen, die Route Meter um Meter exakt mit
Wegpunkten zuzuplanen. Man ist besser beraten, sich die eine oder andere Abbiegestelle in seinem Routenplaner vorher
genau anzusehen und zu vermerken, damit man vor Ort aufmerksam ist. Im Bild ist die oben (in Tag 2) beschriebene Stelle
„hinter Hesse“ aufgezeigt, deren Fehler ich heute durchaus etwas bereue. Der gefahrene Track im Bild türkis gepunktet,
der von BaseCamp geplante in grün; am rechten Rand das Örtchen Hesse. Die rot gestrichelt umrandete Hervorhebung zeigt
den Problemfall deutlich: Wir hätten an der Stelle des roten Pfeils nicht einfach geradeaus auf dem Asphalt weiterfahren dürfen.
Andererseits wären wir dann nicht in Lorquin gelandet und hätten vielleicht bis Lagarde keine Verpflegungsstelle mehr gefunden.
Aber auch hier hätten wir mit gewissenhafterer Nutzung der verfügbaren elektronischen Information (= Internet) einiges leisten
können. Auch erst bei der Nachbereitung fällt auf, dass die in Google Maps
angegebenen Geschäfte ziemlich genau loziert sind. Dass wir in Hesse nichts
gefunden haben, lag daran, dass wir nur ins Dorfzentrum gefahren sind, was wir
ziemlich „tot“ fanden. Hätten wir weitergesucht, hätten wir vielleicht
(nur mal so als Beispiel) die Boulangerie Haoury gefunden, die sogar eine eigene |
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Webseite hat. Unabhängig davon empfiehlt es sich, für alle Fälle auf den Passagen mit den kleinen Dörfern Verpflegungsreserven
dabei zu haben; ein paar Eiweißriegel sind da zu wenig.
Kann man die Strecke ohne GPS-Navi machen? Ja, man bräuchte theoretisch nicht einmal eine Karte. Allerdings wird man die Strecke,
nachdem sie abschnittsweise nicht direkt am Kanal entlanggeht, unter Umständen nur mit längerem Suchen wiederfinden. Man hat ja
keine Ahnung, wo die Strecke weiterführen könnte. Und selbst eine Straßenkarte (zum Beispiel die französische
IGN Serie rouge
im Maßstab 1:250.000) ist viel zu grob. Da ist dann zumindest ein SmartPhone (mit dem passenden Datentarif) zu empfehlen, was
man zweckmäßigerweise für Übernachtungen und Verpflegungsstellen ohnehin braucht, wenn man nicht auf Zufall setzen möchte.
Allerdings kann man sich nicht auf lückenlosen Empfang verlassen, obwohl wir da nur wenige Probleme hatten – wenn wir es brauchten.
Essenzen der Streckenabschnitte in der Übersicht
Tag 1 und 2: Die Kanal-Strecke im Elsass (soweit wir sie gefahren sind von Schleuse 46 bis Arzviller) ist sehr empfehlenswert. Leicht zu finden – immer am Kanal entlang, durchgehend asphaltiert.
Die Strecke hinter Arzviller bis Gondrexange ist etwas schwieriger zu finden, allerdings wegen unseres Navigationsfehlers bei Hesse hier nicht durchgängig dokumentiert.
Tag 2 und 3: Die Strecke zwischen Gondrexange und Nancy ist sehr gut zu fahren, auch wenn es nicht immer direkt am Kanal entlang, sondern teils über (allerdings wenig befahrene) Straßen geht.
Bei Dombasle-sur-Meurthe/Saint-Nicolas-de-Port (im Meurthe-Abschnitt) haben wir keine einfache Strecke am Kanal entlang gefunden und sind ein paar Kilometer
über eine stark befahrene Straße gefahren. Nach Nancy hinein war es wieder super am Kanal entlang. Den Abschnitt südlich um Nancy am Canal de Jonction haben wir nicht abgefahren.
Die Strecke hinter Nancy an der Mosel entlang nach Toul ist sehr fein zu fahren, auch wenn das letzte Stück über die Straße geht.
Tag 4: Die Strecke von Toul nach Bar-le-Duc ist ausgezeichnet zu fahren, zwar auch nicht durchgehend am Kanal entlang und mit einigen navigatorischen und
fahrtechnischen Rafinessen (hinter Foug und hinter Mauvages) ausgestattet.
Tag 5: Das letzte Kanalstück des Rhein-Marne-Kanals von Bar-le-Duc nach Vitry-le-François war eine echte Strapaze, auch wenn es
durchgehend am Kanal entlangging. Da muss man Durchhaltewillen haben.
Die Strecke am Canal latéral à la Marne bis nach Epernay über Châlons-en-Champagne ist sehr gut, teils exzellent zu fahren und leicht zu finden, praktisch durchweg am Kanal entlang.
Tag 6: Und so auch weiter. Ab Dormans (ca. 20 km vor Chateau-Thierry) haben wir nicht permanent den Weg am Kanal entlang genommen haben,
weil der gelegentlich auch etwas „rudimentär“ schien, bis hin zu „kaum noch als fahrbarer Weg erkennbar“ oder „man weiß nicht, wie weit der Weg geht und ggf. im Nichts endet“.
Tag 7: Zwischen La Ferté-sous-Jouarre und Meaux haben wir über die stark befahrene Nationalstraße abgekürzt; in Meaux aber den exzellenten, wenn auch nicht durchgehend asphaltierten,
Weg am Canal de l’Ourcq entlang genommen, der uns ampel- und verkehrsfrei bis ins Herz von Paris gebracht hat.
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Datum |
Tagesziel |
Tages km |
AVS km/h |
Höh-meter |
Fahrtzeit h |
Tourdauer h |
Übernachtung |
05.06.17 |
Karlsruhe - Lupstein |
95,5 |
20,9 |
234 |
04:34 |
07:49 |
Francine Huber
40, rue Principale
67490 Lupstein
+33388914969
francine.huber@sfr.fr |
06.06.17 |
Lagarde |
82,4 |
16,1 |
536 |
05:06 |
09:44 |
Navig France
67 Rue Basse
57810 Lagarde
navigfrance.com
+33 3 87 86 65 01
|
07.06.17 |
Toul |
81,6 |
16,1 |
510 |
05:04 |
07:50 |
ABC Hotel
12 place des Trois Eveches
54200 Toul
|
08.06.17 |
Bar-le-Duc |
98,7 |
17,9 |
475 |
05:30 |
08:33 |
Hotel Bertrand
19, rue de l'etoile
55000 Bar-le-Duc
+33329790297
contact@hotelrestaurantbertrand.com
|
09.06.17 |
Epernay |
122,4 |
17,5 |
174 |
06:59 |
10:04 |
Comfort Suites |
10.06.17 |
La Ferté sous Jouarre |
96,1 |
17,3 |
35 |
05:32 |
09:32 |
Best Hotel |
11.06.17 |
Paris |
72,9 |
17,3 |
295 |
04:12 |
05:58 |
Hotel Kyriad Canal Saint Martin;
alternativ Belta Hotel, 46 rue Lucien Sampaix, belta@beltahotel.com (sehr empfehlenswert!)
|
gesamt |
|
649,6 |
22,8 |
2259 |
37,0 |
59,6 |
|
Komplette Bildershow
Die vollständige Show aller Bilder findet ihr
hier.
Hinweise zum GPS-Track
Der zum Download angebotene
GPS-Track umfasst die komplette Strecke von Karlsruhe bis Paris, so wie
wir ihn abgefahren haben. Dabei sind naturgemäß auch einige „Fehler“ enthalten, wo wir uns etwas
verfahren haben und zum Beispiel das Rad einen Damm hochschieben mussten, um wieder auf die Originalstrecke
zu kommen. Diese Fehler sind nicht bereinigt, weil wir keine Gewähr für die Korrektheit einer nachträglichen
Korrektur übernehmen wollen. Deshalb findet ihr hier ein paar Hinweise, wie man ein paar Fehler vermeiden könnte.
- Tag 1 6 km vor Lupstein: In Hochfelden am Anleger darf man sich nicht von der weiterführenden Straße durch
die Wohnsiedlung verleiten lassen, sondern muss zur Radstrecke am Kanal abbiegen.
- Tag 2 am Schiffshebewerk Arzviller; der „Fehler“ ist in der Routenbeschreibung dargelegt, wo wir am Ende des
Weges an dem Vorbecken den kürzeren Weg zur Straße hätten nehmen sollen
- Tag 2 kurz vor Niderviller hinter der Abfahrt vom Niderviller-Tunnel ist der Abzweig zurück zum Kanal im Track
enthalten, wo wir dann aber wegen der schlechten Strecke lieber die Straße bis Schneckenbusch genommen haben
- Tag 6 in Epernay: man fährt am besten über die Straße direkt zum Kanal und nicht an der Marne entlang; und
ein Stück später am Kanal (knapp eineinhalb Kilometer) muss man die Kanalseite rechtzeitig nach rechts (nördliche Seite)
an der letzten Brücke vor der Einmündung des Kanals in den Fluss wechseln (der Fehler, den wir durch Weiterfahren links
am Kanal gemacht hatten, ist im Track bereinigt)
- Tag 7 in Meaux: dort gibt es einen kurzen Aussetzer des Tracks, weil der Akku im Garmin leer gegangen ist; die Lücke
ist aber unerheblich
Die Track-Kilometer stimmen wegen der Korrekturen nicht mit den Kilometerangaben in der o.a. Tabelle überein – schon
deshalb nicht, weil die Streckenkilometer wie die Durchschnittsgeschwindigkeiten, Fahrtzeiten und Höhenmeter mit dem
Bordcomputer und nicht mit dem GPS-Gerät ermittelt wurden.
Web-Quellen
Im Reisebericht sind teils ein paar mehr, teils weniger Detailinformationen angegeben. Dort, wo man leicht per Web-Suche
(aka googeln) Informationen finden kann, sind diese verkürzt oder ganz weggelassen. Da der Autor ohnehin keinerlei Gewähr
für externe Links, weder für deren Funktionieren noch für dort auffindbare Informationen übernimmt, sind diese auch nur in
knapper Auswahl aufgeführt. Interessenten empfiehlt es sich in jedem Fall, eigene aktuelle Webrecherchen durchzuführen.
Um touristische Informationen über den Streckenverlauf zu bekommen, gibt es natürlich zahllose Quellen im Internet.
Interessant ist, dass auch im deutschen Wikipedia die Kanäle des weit ausgedehnten französischen Kanalsystems teils
ausführlich beschrieben sind. Hier die drei abgefahrenen Teile:
Canal de la Marne au Rhin
Canal latéral à la Marne
Canal de l'Ourcq
Im Radreise-wiki Straßburg - Paris ist ein Großteil derselben Strecke beschrieben (mit weiteren Links).
Der Paneuropa-Radweg Paris – Prag (im französischen Teil) verläuft nur abschnittsweise an den Kanälen entlang
(zumindest, soweit er auf den einschlägigen Webseiten beschrieben ist).
Kanal genial: Per Rad nach Paris. Ein sehr nett geschriebener, journalistischer Kurzbericht
über praktisch dieselbe Strecke.
In den angegebenen URLs findet man teils zahlreiche weitere Links, zum Beispiel auch mit allen berührten Ortschaften,
durch die man sich hindurch klicken kann, und die umfassende touristische Informationen liefern.
Anmerkungen und Anregungen nimmt gerne entgegen:
Winfried vom
Hofe
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